Sonntag, 4. Dezember 2016

Worte


Heute kommt wieder eine neue Hintergrundszene für Brennt die Schuld.
Diesmal geht es um Worte, aber nicht irgendwelche, sondern möglichst die richtigen Worte, die, die trösten können und helfen.
Kennt ihr das? Fehlen euch auch manchmal die Worte? Was macht ihr, wenn ihr etwas sagen wollt, aber nicht wisst, wie ihr es sagen könnt?



Er musste nicht lange suchen, um sie zu finden. Vor dem kleinen Tor am Ende der Straße blieb er stehen und schaute über den verwaisten Spielplatz. Sie saß auf der Schaukel. Er sah von den Haaren, die offen bis zu ihren Schultern fielen, zu den Händen, die die Eisenketten fest umklammert hielten. Mit den Füßen berührte sie den Boden, schwang aber nur sacht vor und zurück. Vor und zurück. Ihren Kopf hielt sie gesenkt und es wirkte fast als wäre sie in einer anderen Welt.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Doch es war ein trauriges Lächeln. Für einen Moment wusste er nicht mehr wo all die Jahre hin gegangen waren, wann das kleine Mädchen verschwunden war. Und er wünschte sich, er könnte die Zeit zurückdrehen. Für diesen Augenblick. Könnte sein kleines Mädchen in den Arm nehmen und solange halten, bis sie keine Angst mehr hatte.
Es gibt keinen bösen Zauber, könnte er sagen. Und: Es ist nicht deine Schuld.
Ob sie ihm glauben würde? Glaubte er sich selbst? Er schüttelte den Kopf. Nicht über die Frage nachdenken. Nicht jetzt. Das Tor quietschte als er es öffnete, und sie erstarrte mitten in der Bewegung, horchte, ohne sich zu ihm umzudrehen. Er setzte sich auf die zweite Schaukel, beobachtete, wie sein nicht mehr kleines Mädchen in die Ruheposition zurückschwang, langsam, den Sand zwischen ihren Füßen nicht aus den Augen lassend. Es gab so viel was er ihr sagen wollte, aber er fand keine Worte.
Am liebsten hätte er sie von der Schaukel gerissen und solange gedrückt, bis er alle Verzweiflung aus ihr rausgepresst hätte. Er blieb sitzen, die Hände fest um die Eisenketten gelegt, genau wie sie.
„Ich habe das Kästchen gefunden“, sagte er, und wünschte sich, er könnte ihr die Haare hinters Ohr streichen um ihr Gesicht zu sehen.
Er tat es nicht. Es war, als wäre zwischen ihnen eine Grenze. Unsichtbar und unüberwindbar. Seit wann war sie da? Immer schon, oder erst seit er sich zu ihr gesetzt hatte?
„Glaubst du, Möhrchen wäre gesprungen, wenn ich … wenn ich nicht …“
„Katzen machen sowas“, unterbrach er sie.
Sie sollte es nicht aussprechen. Er ertrug es nicht. Schon allein den Gedanken daran hielt er nicht aus.
„Das ist der Jagdtrieb, weißt du?“, fuhr er fort, nur damit sie sie seine Zweifel nicht hören konnte.
„Und Kim?“ Jetzt sah sie ihn an.
Mit ihren tiefblauen Augen. Bis auf den Grund seiner Seele sah sie. Dorthin, wo er die Antwort vor sich selbst verborgen hielt. Er wollte wegsehen und konnte nicht. Er wollte etwas sagen, etwas, das sie beruhigte. Und wieder ließen sie ihn im Stich, die Worte. Die richtigen, und auch die falschen.
(Lars)

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag & eine supertolle Woche mit viel Kerzenschein, Weihnachtsduft, Weihnachtsmarktbesuche und kuscheligen Sofaabenden! Habt ihr schon Plätzchen gebacken? Wir machen das heute Nachmittag.

Viele Grüße,

Kryps

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